Wie die Familienaufstellung bei der Trauma-Bewältigung hilfreich sein kann

Familienaufstellung und Trauma

In der Aufstellungsarbeit spielt Trauma fast immer eine Hauptrolle. Es scheint kaum eine Biographie zu geben, in der Trauma und seine Folgestörungen nicht ein zentrales Thema wären.

Die Familienaufstellung ist eine Methode, die in der psychologischen Therapie zunehmend an Beliebtheit gewinnt. Sie zielt darauf ab, verborgene Dynamiken und ungelöste Konflikte innerhalb einer Familie aufzudecken und zu heilen. Doch wie wirkt sich diese Methode auf Menschen aus, die ein Trauma erlebt haben?


Ein Trauma ist ein tiefgreifendes Ereignis, das eine Person emotional, körperlich und geistig erschüttert. Es kann beispielsweise durch körperlichen Missbrauch, sexuellen Übergriff, Verlust eines geliebten Menschen oder andere traumatische Erfahrungen ausgelöst werden. Die Folgen eines Traumas sind oft langfristig und können das gesamte Leben einer Person beeinflussen.

Trauma steht für

  • das auslösende Ereignis (Was ist geschehen?)

  • die dabei gemachte Erfahrung (Wie ist es mir dabei ergangen?)

  • den Effekt, den es hervorgebracht hat (Was sind die Folgen?)

Psychische Traumata führen meist zu einer Aufspaltung der Persönlichkeit eines Menschen in folgende Bereiche:

  • Traumatisierte Psyche

  • Psychische Überlebensstrategien

  • Gesunde Psyche

Die Traumafolgestörungen treten nicht immer unmittelbar nach dem erfolgten Trauma ein. Oftmals überlagern die ausgebildeten psychischen Überlebensstrategien eine ganze Zeit lang das Geschehen. Im Laufe der Zeit treten dann aber klassische Traumasymptome auf wie

  • erhöhte/übermäßige Wachsamkeit (andauernder Angstzustand, innere Unruhe, Schreckhaftigkeit)

  • Übererregtheit (Schlafstörung, erhöhte Reizbarkeit, gestörte Emotionsregulation)

  • Erstarrung (emotionaler Rückzug, Überabgrenzung, innere Leere)

  • wiederkehrende, zwanghaft sich aufdrängende Erinnerungen (Geräusche, Gerüche, Bilder, Gefühle)

  • Dissoziatives Verhalten (Abwesend sein, Nichts Fühlen, Gedächtnisstörung, Verwirrung)

Familienaufstellung als wertvolle Ergänzung

Die Familienaufstellung kann eine wertvolle Ergänzung zur Traumaarbeit sein. Durch das symbolische Nachstellen der familiären Beziehungen und der Familiendynamik können traumatische Erfahrungen sichtbar gemacht und verarbeitet werden. Dies ermöglicht den Betroffenen, ihre Gefühle und Gedanken besser zu verstehen und neue Perspektiven zu gewinnen.
In einer Familienaufstellung werden Teilnehmerinnen und Teilnehmer ausgewählt, um bestimmte Familienmitglieder oder Situationen zu repräsentieren. Indem sie in die Rolle einer anderen Person schlüpfen, können sie unbewusste Verbindungen und Blockaden erkennen, die durch das Trauma verursacht wurden. Diese Methode verdeutlicht oft, wie das Trauma nicht nur das traumatisierte Individuum, sondern auch andere Familienmitglieder beeinflusst.


Die Arbeit mit einer Familienaufstellung erlaubt es den Betroffenen, sich mit ihren Gefühlen und Emotionen auseinanderzusetzen und diese aktiv zu gestalten. Dieser Ansatz kann den Heilungsprozess fördern, indem er den Betroffenen dabei hilft, sich von den traumatischen Ereignissen zu distanzieren und neue Wege zu finden, um mit ihnen umzugehen.

Traumatherapeutische Ansätze für die Aufstellungsarbeit

Es gibt verschiedene Ansätze und Aufstellungsformate, die sich für die Arbeit mit Trauma eignen.

In den verbindenden Ansätzen geht es primär darum, den traumatisierten, abgespaltenen Ich-Anteil mit dem Überlebens-Ich-Anteil und dem gesunden Ich-Anteil wieder zu verbinden wie bei der Identitätsorientierten Psychotraumatheorie nach Franz Ruppert.

In der Einzelarbeit können Klienten und Klientinnen auch eine Aufstellung in der Imagination machen, um sich mit ihrem Trauma auseinanderzusetzen.

Bei abgrenzenden Aufstellungsformaten geht es darum, das Trauma deutlich vom eigenen Selbst abzugrenzen (z.B. bei der Selbstintegration nach Ero Langlotz)

Grenzen der Aufstellungsarbeit bei Trauma

Es ist jedoch wichtig anzumerken, dass Familienaufstellungen allein nicht ausreichen, um Trauma zu überwinden. Sie sollten immer als Teil eines umfassenden therapeutischen Ansatzes betrachtet werden, der auch andere Methoden wie Traumatherapie, kognitive Verhaltenstherapie oder EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing) umfassen kann.


Jeder Mensch, der ein Trauma erlebt hat, hat unterschiedliche Bedürfnisse und Reaktionen. Daher ist es unerlässlich, dass die Familienaufstellung von qualifizierten Fachleuten begleitet wird, die Erfahrung in der Arbeit mit Trauma haben. Sie können sicherstellen, dass die Aufstellung sicher und kontrolliert durchgeführt wird, um eine erneute Traumatisierung zu vermeiden und den individuellen Heilungsprozess zu unterstützen.


Familienaufstellungen können für Menschen, die ein Trauma erlebt haben, eine wertvolle Ressource sein. Durch das Hervorheben der familiären Dynamik und Integration von neuen Erkenntnissen können sie dazu beitragen, wieder Vertrauen aufzubauen und den Weg zu einem gesünderen und erfüllteren Leben zu finden.

Literaturempfehlungen

Langlotz, E. (2019): Systemische Selbstintegration. www.e-r-langlotz.de/methode-systemische-selbstintegration.

Ruppert, F. (2012): Trauma, Angst und Liebe-Unterwegs zu gesunder Eigenständigkeit. München: Kösel.

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